Am Limit: Wenn segeln rockt und der Blues dazukommt

Sturm, Schäden, Flaute und dann doch Grund zum Feiern an Bord der „Gorki“ von Wolf Plastics Verpackungen: 
Der Presse-Businesscup 2007, 20. bis 25. Oktober in Trogir Kroatien, bot jede Stunde eine Herausforderung.

Neun Grad

Sechs bis sieben Beaufort (Bft), steifer Wind aus Nord-Ost: Bora an einem Samstag im Oktober. Kein Wetter für einen Urlaubstörn. Aber das ist es ja auch nicht: Es gilt beim Presse-Businesscup weit nach vorne zu kommenund dazu erst einmal von Split zum Start nach Trogir zu gelangen. Das Motto der dafür notwendigen Aktion heißt „Unnötiges raus“. Davon gab es genug an Bord der Gorki, einer Salona 37 Race. Sonnenschirm, Dingi samt Motor, Badeleiter etc. werden von drei Crew-Mitgliedern auf dem Steg geschlichtet. Die Mitarbeiter der Charterfirma verharren in einer Schrecksekunde bevor sie einen Kat zu einem Lager umbauen. Aber das liegt bald hinter der Gorki. Bei 30 Knoten (kn)  Wind werden die Leinen gelöst. Los geht’s: Der Regatta entgegen. Der Versuch eines Kroaten, das Auslaufen zu verhindern, schlägt fehlt. Als er zum Rufen ansetzt, war die Gorki längst über alle Wellenberge und mit ihr die Mannschaft von Wolf Plastics. Drei Stunden später ist sie in Trogir, im  Ziel und dem Start näher. Der Rest der Crew kommt dazu.

Ladies first

Ein Tag später, der Wind kann sich nur noch zu 20 kn aus Nord-Ost aufraffen. „’Bestes’ Wetter für die vier Neulinge, die ein Regattaschiff erstmalig betreten und in ihre Regattafunktionen eingeschult werden“, sagt Thomas Leitgeb – erfahrener Segler an Bord.  Auf dem Wasser werden die Abläufe geübt. Langsam bringt die Crew das Schiff auf Speed. Der Bugmann erkennt, dass Gummistiefel auch ohne Regen ganz gut sind, als er plötzlich am Am-Wind-Kurs  am Vorschiff unter Wasser steht. Alles scheint gut, bis auf das Vorsegel, das sich nicht durchsetzen lässt. Das muss im Hafen geklärt werden. Ladies first ist die Devise: Die  junge Profiseglerin, die zur Ergänzung der Crew an Bord gekommen ist, beginnt hinaufzuklettern. Nach fünf Metern wird ihr das bei Bora doch unheimlich. Ein Fall für den Skipper. 15 Meter später ist Leitgeb oben. Ihm bieten sich keine guten Aussichten. Die Verbindung von Fall und Segel ist gebrochen. Ersatzteile werden bestellt. Die Firma will sie am nächsten Tag montieren. Zeit für den Blues. Nein, die Crew hat ihn nicht. Eine Blues-Band spielt im Festzelt.

Blues

Der Blues schlägt dann doch am Montag zu: Der Firma ist der Wind für Reparaturen zu stark: 25 bis 30 Knoten. „Das Risiko ist zu hoch“, sagt das Serviceteam. Das ist keine Lösung für unsere Crew: „Wir wollen starten.“ Also hinauf in den Mast. Erst eine halbe Stunde vor dem Start ist die Gorki bereit zum Auslaufen. Daher hilft nur noch die Methode von unserem Freund „Karl K.“ – mit Vollgas geht’s zum Startschiff. Unsere Profiseglerin, kämpft mit der Schot und dem Traveller, daher werden die Positionen getauscht. Sie geht ans Steuer, Leitgeb zur Schot. Der Wind legt zu. Schaumkronen wohin das Auge blickt. Der Windanzeiger findet den Bereich unter 30 kn nicht mehr sehr attraktiv. Zu gefährlich mit vier Neulingen an Bord? Zeit zum Denken bleibt nicht. Drama Die Schot verfängt sich bei der nächsten Halse in der Halterung der Curryklemmen. Das Schiff kommt außer Kontrolle. Die Rudergängerin verliert am Steuer den Halt. Die Gorki rast in den Wind und legt sich weit über die Reling ins Wasser. Die Mannschaft hat das überstanden – alle sind noch an Bord. Das Material nicht. Der Großschotblock ist verbogen. Tja, zurück in den Hafen. Die Servicetechniker kommen. Den Schiffen draußen geht es auch nicht gut: Der Wind nimmt zu, es regnet, die Wettfahrt wird abgesagt. „Wir sind noch voll dabei, wenn wir das Schiff wieder in Schwung bekommen“, so Leitgeb.

Weiter geht’s

Der Wunsch geht am nächsten Tag in Erfüllung – fast.  Zwar kann alles repariert und montiert werden, doch das Vorsegel ist zu groß. Heute gibt’s kein Neues mehr. Niemand gibt auf. „Wir werden kämpfen“, erklärt der Skipper.  Doch ein Unglück kommt selten alleine. Die Profiseglerin, Sandy hat eine Sehnenscheiden-entzündung und kann die Schoten nicht mehr bedienen. Jede Stunde eine neue Herausforderung. „In diesen Tagen lernt jeder von uns,  in der Praxis mit Rückschlägen umzugehen und trotzdem das Ziel in den Augen zu behalten“, meint Leitgeb.   Sandy geht wieder ans Steuer und Leitgeb macht den Trimm. Es weht ein leichter Wind aus Nord-Ost. Die Schiffe starten, alle wollen zugleich an der besten Stelle starten. Geschrei, Proteste über Funk, Kollisionen und Panik. Die Gorki entscheidet sich für einen Startplatz weiter weg. Sie arbeitet sich ins vordere Feld vor. Bei der Luvtonne wird es eng – der Wind hat gedreht. Noch kann die Crew ihre Position halten. Doch auf der Raumen verliert das Schiff Platz um Platz. Die Mannschaft ist sich nicht einig. Am Wind geht es wieder voran. Die Crew zeigt sich wieder einig: 12. Platz.

Der Wind lässt nach

Doch es gibt noch eine Wettfahrt. Die Schiffe mit Spinnaker sind  bereits gestartet. Die Wolf-Plastics-Mannschaft bereitet sich  auf den nächsten Start vor. Plötzlich wird Sandy wild beschimpft – von Bord eines anderen Schiffes. Geschrei als würde es noch um den Sieg für dieses Schiff gehen. Die Gorki macht den Weg so schnell wie möglich frei. „Als das Schiff endlich vorbei ist, erkennen wir, dass es sich um einen echten Spätzünder gehandelt hat, wir dachten das Schiff gehört zu uns und wir starten erst in zehn Minuten. Na ja unser lieber Segelfreund wird uns das verzeihen, bei mehr als zwei  Minuten Verspätung beim Start, war unsere kleine Behinderung auch kein Problem mehr für ihn“, so Leitgeb. Praktisch ohne Wind wird gestartet und es geht in Schneckentempo zur Luv-Boje.  Sie wird  erst nach  einer Stunde erreicht. Der Volvo-Ocean-60-Racer überholt nicht nur die Gorki, mit 300 m² Spinnaker  und 100 m² Großsegel geht’s voran. Aber was hilft es, wenn nur noch solche Schiffe in Bewegung sind? Die Wettfahrt wird abgebrochen.  Das Programm nicht. Im Hafen geht es  mit Rock und  Pop am Steg los.  Ein  Musiker muss seine Wettschulden einlösen. Er hat mit seinem Schiff nicht gewonnen. Der  Einsatz war ein Konzert auf der alten Hafenpromenade von Trogir.

Finale

Der letzte Tag ist angebrochen. Bei wenig Wind geht es wieder auf den Dreieckskurs. Die Abläufe sind gut trainiert. Gleich nach dem Zieleinlauf ist wieder Flaute, wieder warten auf den Wind. Dann wird es Gewissheit: Es wird keine Wettfahrt mehr geben.  „Der  9. Platz in der Gesamtwertung und ein 3. Platz in unserer Gruppe sind uns sicher, wir sind zufrieden mit dem Ergebnis, nach den vielen schwierigen Begleitumständen, die wir hatten“, sagt Leitgeb. In dieser Woche ist nicht nur die  Bedeutung der Zusammenarbeit klar geworden, sonders ganz besonders der Umgang mit Krisen im Team, wie alle bei der Reflexion erkennen.  Ab geht’s zum Feiern und Entspannen. Verdient haben sich’s alle Crewmitglieder.

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